1922 Albumblatt des Robert Weil aus Brünn

Aus dem Poesiealbum eines/einer Ungenannten herausgetrenntes Widmungsblatt, Seite 23, Hochformat (17,2 x 11,7 cm). Auf der Rückseite (S. 24), ist ein Widmungblatt mit der Inskription des Wiener Rabbiners Zwi Perez Chajes aufgeklebt.Die Inskription des Zwi Perez Chajes sind in meiner Datei 1926 b Stb_Bl. gespeichert.

Transkription:

„Viele Menschen geben sich

unnatürlich und wirken dadurch

unsympathisch; wollten sie sich

natürlich geben, wie – unsym-

pathisch würden sie dann erst

wirken!

RobWeil[1]

(Homunkulus)

Brünn, 8 / III [19]22

[1] Robert Weil (Pseudonym: Homunkulus, Gustav Holm), geb. in Wien am 4. August 1881; gest. in New York am 5. Dezember 1960, Schriftsteller, Bühnen- und Drehbuchautor, Kabarettist, Librettist, Mitarbeiter humoristischer Zeitungen.

Personaldaten: Robert Weil wurde in Wien-Rudolfsheim, Pillergasse 5, als Sohn des k. u. k. Hoflieferanten Morris Weil und dessen Gattin Martha, geboren. Nach der Matura inskribiert Robert Weil an der juridischen Fakultät der Wiener Universität. 1906 promoviert er und absolviert ein Jahr im Straflandes- wie Zivilgericht Wien.

Bereits 1905 feiert der Vierundzwanzigjährige im Wiener Raimundtheater mit dem Stück „Irdische Richter“ seinen ersten Bühnenerfolg; weitere Stücke: „Einsame Seelen“ und „Das Gesetz“ am Raimundtheater; „Ein bisschen Heiraten“ und „Das Paradies der Ehe“ 1912 am Berliner Rosetheater. 1918 heiratet Weil Henriette Ortner. Zwei Töchter – Susanne und Dorrit – gingen aus der Ehe hervor.

1920 gibt er „Das Buch der Anekdoten“, „Der neue Knigge“ sowie seinen Lebensroman „Rück näher, Bruder!“ heraus, danach publiziert er in Zeitschriften und verfasst Filmdrehbücher. Mit Robert Stolz wird ihn später eine enge Freundschaft und Arbeitsgemeinschaft verbinden; dem Komponisten widmet er auch die 1948 erschienene Biographie „Im Dreivierteltakt durch die Welt“.

Schon 1927 arbeitet er zum ersten Mal mit Ernst Marischka zusammen. Bis 1938 schaffen die beiden zahlreiche Filme und Theaterstücke – sie tragen entweder Ernst Marischkas Namen oder sind als Werke von Gustav Holm ausgewiesen, ein Pseudonym, das Weil auf Anraten eines Freundes angenommen hat, damit kein Bezug zu seiner jüdischen Herkunft hergestellt werden kann.

Robert Weil alias Homunkulus

Am 1. Oktober 1910 trägt er im soeben eröffneten Kabarett „Himmel“, Magdalenenstraße 6 (heute Linke Wienzeile), erfolgreich „Die Wedekindpremiere“, „Der Rosa Domino“ und andere Gedichte vor; bald tritt er als Robert Weil-Homunkulus neben dem „Himmel“ auch im Café Landtmann, im Beethovensaal, im Wiener Konzerthaus sowie auf zahlreichen europäischen Bühnen v. a. mit seinen „Schulaufsätzen des Poldi Huber“ (sie erreichen eine Rekordauflage von sieben Millionen Exemplaren!), „Wiener Liäsons“, „Wallersteins Lager“ und anderen Kabarettvorträgen auf. Mit Egon Friedell wiederum wirkt er während des Ersten Weltkrieges mehrmals in Fronttheatern mit.

Robert Weil alias Gustav Holm

Am 24. Dezember 1932 wird im Theater an der Wien die Operette „Sissy“ von Ernst und Hubert Marischka nach einem Singspiel von Ernst Decsey und Robert Weil (unter dem Pseudonym Gustav Holm) mit der Musik von Fritz Kreisler uraufgeführt – und wurde ein Erfolg. 1931 war bereits ein Lustspiel unter dem Titel „Sissys Brautfahrt“ (von Decsey und Holm) erschienen, das beide nun in ein Singspiel-Libretto umgearbeitet hatten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg brachte man „Sissy“ an verschiedenen Wiener Theatern wieder heraus (diesmal allerdings waren nur mehr Ernst und Hubert Marischka sowie Kreisler als Verfasser genannt). Ernst Marischka schreibt zwischen 1955 und 1957 auch die Filmdrehbücher jener „Sissi“-Trilogie, die mit der jungen Romy Schneider zum Erfolg wurden. Allerdings wurden auch da Decsey und Weil nicht mehr als Miturheber erwähnt (obwohl Weil umfassende inhaltliche Anleihen am ursprünglichen Werk festgestellt hatte).

Robert Weil im Exil

Im März 1938 konnte Weil zuerst nach Prag, ein Jahr später nach Zürich fliehen; danach gelangte er über Vermittlung Upton Sinclairs nach New York. Hier arbeitete er anfangs als Depeschenbote und schrieb im Exil an unveröffentlichten Bühnen- und Filmentwürfen und arbeitete bis zu seinem Tod an einer gleichfalls unpublizierten zweibändigen Lebensbiographie

Robert Weil und die Nachwelt

Die neu entstandene Republik Österreich hat Weil, wie so viele andere, nicht zurückgerufen oder seiner gedacht. 1963 wurde eine schmale Auswahl seiner „Schulaufsätze des Poldi Huber“ publiziert, einige Monologe von ihm sind in den 1990er Jahren in Kabarett-Sammelbänden veröffentlicht worden.

Dr. Dorrit Molony, die jüngere Tochter und Nachlassverwalterin, setzt sich seit Jahren dafür ein, dass ihrem Vater die gebührende Würdigung und Gerechtigkeit zuteil wird, die ihm aufgrund der politischen Umstände so lange Zeit versagt blieben. (siehe dazu u. a. „Vom Verschwinden eines Autors“, in: Der Standard, 17.5.2001, S . 38; „Robert Weil. Eine Säule des Kabaretts“, in: Illustrierte Neue Welt, August/September 2006, S.34f.)

Vgl. www.kabarettarchiv.at/Bio/Weil.htm